Als ich Tessa zum ersten Mal sah, war sie wie ein Wirbelwind aus Panik und Verzweiflung.
Die kleine, zierliche Stute, die einst Odessa hieß, rannte frei über den Platz, buckelte, galoppierte und wälzte sich immer wieder, als wollte sie die Unruhe aus sich herauswerfen.
Ihre Bewegungen waren hektisch, fast hysterisch, und mitten in diesem Chaos stand die neue Familie.
Die Vorfreude auf ein Familienpony war einer tiefen Verunsicherung gewichen.
Tessa hatte Angst vor allem: vor Stricken, Gerten und sogar vor Händen.
Jede Berührung bedeutete für sie Bedrohung, jeder Versuch der Annäherung endete in erstarren und Flicht nach innen.
Ihre neue Familie wollte alles richtig machen – ruhig, geduldig, liebevoll – aber sie wussten einfach nicht, wie sie diese Angst durchbrechen sollten.
Es war dieser hilflose Blick der Mutter, der mich dazu brachte, anzuhalten und das Gespräch zu suchen.
Der erste Schritt: Vertrauen aufbauen

Ich bot meine Unterstützung an und erklärte kurz, wie wichtig es ist, Tessa die Zeit zu geben, die sie braucht – ohne Druck, ohne Zwang, aber mit einer klaren und liebevollen Führung.
Wir begannen mit einer kleinen Trainingseinheit im Round Pen – ein vorsichtiges „Join Up“, um die Basis für eine Kommunikation zu schaffen, die auf Vertrauen und Ruhe aufbaut.
Nach dieser ersten Begegnung entschied sich die Familie für ein dreimonatiges Intensivtraining.
Seitdem arbeite ich viermal wöchentlich mit Tessa, einmal pro Woche sind die Mutter und die Tochter dabei, um selbst kleine Übungen zu lernen.
Schon nach der dritten Einheit geschah etwas Wundervolles:
Tessa schloss sich mir von selbst an, blieb an meiner Seite, suchte Kontakt – ein erster, zarter Beweis, dass sie beginnen wollte zu vertrauen.
Warum Vertrauen Zeit braucht
Die Reise mit Tessa ist noch lange nicht vorbei, aber jeder kleine Schritt zählt. Es geht nicht darum, „schnell“ ein braves Pony zu formen – es geht darum, ein echtes Miteinander zu schaffen. Tessa lernt, dass Berührungen nicht wehtun, dass Stimmen beruhigen können und dass sie nicht ständig auf der Hut sein muss. Sie lernt, dass ihre Menschen geduldig sind, auch wenn sie mal Rückschritte macht.
Die Fortschritte sind nicht immer offensichtlich – manchmal sind es winzige Zeichen: ein entspannter Atemzug, ein Ohr, das sich nach mir dreht, ein vorsichtiger Blick in meine Richtung. Doch jeder dieser Momente ist ein kleines Wunder.
Mit Ruhe und Klarheit zur Partnerschaft
Was ich aus meiner Arbeit mit Tessa immer wieder lerne, ist die Bedeutung von Ruhe und Klarheit.
Pferde brauchen Sicherheit, keine Hektik.
Sie brauchen eine klare Kommunikation, die nicht auf Kontrolle, sondern auf Verlässlichkeit basiert.
Ich arbeite mit ihr nicht gegen die Angst, sondern mit dem Ziel, ihr eine Alternative zu zeigen – eine, die auf Vertrauen und respektvollem Umgang fußt.
Die Familie begleitet diesen Prozess und wächst gemeinsam mit Tessa.
Es ist nicht immer leicht, aber es ist so lohnenswert. Gemeinsam bauen wir Stück für Stück eine Beziehung auf, die von Vertrauen und Verständnis geprägt ist.
Ein Weg voller Hoffnung
Tessa zeigt uns, dass Heilung Zeit braucht, aber möglich ist. Sie erinnert uns daran, geduldig zu sein und niemals aufzugeben, auch wenn es Rückschläge gibt. Denn am Ende lohnt sich jeder kleine Fortschritt – für Tessa, für die Familie und für mich.
Ich freue mich darauf, diesen Weg weiterzugehen und bin gespannt auf die kommenden Wochen. Danke, Tessa, dass du uns dein Vertrauen schenkst – Schritt für Schritt.
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